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Zeitschriftenartikel:

M. Wistuba, R. Blab, J. Litzka:
"Oberbauverstärkung von Asphaltstraßen - Methodenüberblick und Ableitung von Klimadaten für die analytische Bemessung";
Straßenforschung, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), 546 (2004), S. 1 - 89.



Kurzfassung deutsch:
Eine Maßnahme im Rahmen der baulichen Erhaltung von Asphaltstraßen ist die bituminöse Oberbauver-stärkung im Hocheinbau, das ist die Tragfähigkeitserhöhung durch Aufbringen einer oder mehrerer zu-sätzlicher Befestigungsschichten. Die gegenständliche Forschungsarbeit gibt zunächst einen Über¬blick an Methoden, die zur Tragfähigkeitsbestimmung für bestehende Befestigungen und zur Ermittlung der er-forderlichen Schichtdicke der Oberbauverstärkung derzeit national und international angewandt werden. Eine kritische Analyse der vorgestellten Methoden zeigt Mängel auf in Bezug auf die statistische Wieder-holbarkeit der Messverfahren und das Wissen um den Einfluss der Randbedingungen auf das Messergeb-nis. Detaillierte Arbeitsanweisungen zur Versuchsdurchführung und standardisierte Verfahren zur Aus-wertung der Messergebnisse fehlen.
Gemäß der österreichischen Richtlinie RVS 3.64 "Bautechnische Details - Oberbauverstärkung von Asphaltstraßen" (1992) sind drei Methoden zur Bemessung von Oberbauverstärkungen bekannt, die Vergleichsmethode, die Deflektionsmethode und die analytische Methode. Letztere gilt als die zuverläs-sigste. Inhalt des gegenständlichen Forschungsberichts ist die Ableitung verbesserter Klimadaten für die Anwendung der analytischen Methode. Die Klimadaten werden speziell für das österreichische Bundes-straßennetz auf der Grundlage langjähriger meteorologischer Beobachtungen abgeleitet. Als Ergebnis liegen maßgebliche Temperaturverteilungen im bituminösen Oberbau für unterschiedliche Klimasituatio-nen vor, die eine verbesserte, für die jeweilige klimatische Situation optimierte analytische Methode zur Dimensionierung von Oberbauverstärkungen ermöglichen. Damit können hinkünftig die Temperaturein-flüsse auf die Veränderung der Schichteigenschaften der Straßenkonstruktion besser berücksichtigt wer-den.
Die neuen Klimadaten sollten in weiterer Folge dazu verwendet werden, auch die zweite in Öster-reich angewandte Methode zur Bemessung von Oberbauverstärkungen, die so genannte Deflektions-methode zu verifizieren und zu verbessern. In der gegenständlichen Arbeit werden die neuen Klimadaten zunächst dazu verwendet, neue Korrekturenfaktoren für Deflektionsmessungen außerhalb der Früh-jahrstauperiode abzuleiten. Statische Deflektionsmessungen erfolgen üblicherweise während der Früh-jahrstauperiode, wenn die Tragfähigkeit des Untergrunds am geringsten und somit die Schadensanfällig-keit der Straße am größten ist. Bei Sommer- bzw. Herbstmessungen schlägt die österreichischen Richtli-nie RVS 3.64 (1992) vor, die Ergebnisse nach örtlichen Erfahrungen entsprechend zu korrigieren. Der Korrekturfaktor soll zwischen c = 1,3 und 2 liegen, nähere Angaben dazu fehlen. Aus diesem Grund wer-den im Rahmen der gegenständlichen Arbeit unter Anwendung der neuen Klimadaten erstmals Korrektur-faktoren auf analytischem Wege abgeleitet. Die berechneten Faktoren liegen ihrer Größenordnung nach in dem von der RVS vorgegebenen Bereich, lassen aber erstmals eine klare jahreszeitabhängige Unterschei-dung zu.
Weiters sollen die Klimadaten dazu verwendet werden, die im Rahmen der Deflektionsmethode angewandten empirisch abgeleiteten Bemessungsdiagramme zu überarbeiten, die den Zusammenhang von Verkehrsbelastung, gemessener Deflektion und notwendiger Verstärkungsschichtdicke angeben. Zu diesem Zweck wird in der vorliegenden Arbeit ein Konzept vorgestellt, nach dem Bemessungsdiagramme analytisch abgeleitet und anhand tatsächlicher Messdaten an Fahrbahnaufbauten überprüft werden kön-nen. Die Ableitung der neuen Bemessungsdiagramme erfordert die analytische Modellierung des Deflek-tionsmulde im Zuge der Messung mit dem Benkelmanbalken. Bei dieser Methode erfolgt die Messung der maximalen Deflektion zwischen einem Zwillingsreifen. Dabei zeigt sich ein beachtenswerter Einfluss von Belastungszeit und Temperatur auf die Form der resultierenden Einsenkungsmulde. Das Messergeb-nis zwischem dem Zwillingsreifen ändert sich in Abhängigkeit von der der Berechnung zugrunde liegen-den Schichtsteifigkeit aber nur geringfügig. Die vertikale Verschiebung des Messpunktes ist somit nach den Berechnungsergebnissen in erster Linie von der Belastung und weniger von der Tragfähigkeit der Asphaltschicht abhängig. Hingegen sind die rechnerischen Einsenkungen in den Aufstandspunkten des Zwillingsreifens deutlich vom zugrunde liegenden E-Modul abhängig. Die Form der rechnerischen De-flektionsmulde zeigt Einsenkungsspitzen unter den Rädern, die mit abnehmendem E-Modul stark an-wachsen, während - wie erwähnt - im Messpunkt zwischen den Rädern nur geringfügige Verschiebungen beobachtet werden. Unter der Vorraussetzung, dass die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte analyti-sche Modellierung der Deflektionsmulde zwischen dem Zwillingsreifen die Realität richtig abbildet, muss geschlossen werden, dass Messungen mit dem Benkelmanbalken zur Tragfähigkeitsbeurteilung nur be-dingt aussagekräftig sind. Allerdings lässt die zur analytischen Berechnung der Deflektionsmulde gewähl-te Mehrschichtentheorie keine exakten Lösungen im unmittelbaren Bereich der Aufstandsflächen zu. Aus diesem Grund ist die aus den analytischen Lösungen abgeleitete Muldenform mittels Feldmessungen zu verifizieren. Gelingt es aber in weiterführenden Untersuchungen, diese Form der Mulde zu bestätigen, entweder anhand von optischen Messverfahren zur Feststellung der Einsenkungen an den Reifenflanken bzw. anhand einer analytischen Modellierung mit Finiten-Elementen, dann muss die Messmethode mit dem Benkelmanbalken grundsätzlich verbessert werden. Solange diese weiterführenden Untersuchungen fehlen und die Aussagekraft von Messungen mit dem Benkelmanbalken nicht bekannt ist, wird empfoh-len, an seiner Stelle besser das Fallgewichtsdeflektometer zur Tragfähigkeitsbeurteilung heranzu¬ziehen, insbesondere auf dem hochrangigen Straßennetz. Das Messverfahren mit dem Fallgewichtsdeflektometer ist zuverlässiger und gibt eine klare Auskunft über die Form der Einsenkungsmulde.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.