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Vorträge und Posterpräsentationen (ohne Tagungsband-Eintrag):

B. Rüger:
"TerminalAufSchiene - Gepäckdrop-off im AIRailzug";
Vortrag: 19. Wiener Eisenbahnkolloquium, Wien (eingeladen); 07.10.2021 - 08.10.2021.



Kurzfassung deutsch:
Kurzfassung des Vortrages

Aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen gibt es Kooperationen zwischen Fluglinien und Bahnen, um oftmals defizitäre Kurzstreckenzubringerflüge durch Züge zu ersetzen. Diese Kooperationen schöpfen jedoch nicht das volle Potential aus, da sie vielfach nicht ausreichend attraktiv sind, weshalb Airlines aus Sorge vor Passagierverlusten weiterhin Kurzstreckenzubringerflüge anbieten. Aktuell gibt es z.B. keine Möglichkeit, Gepäck bei Flugreisen während der Flughafenanreise an geeigneter Stelle abzugeben (mit Ausnahme weniger urbaner Zubringerzüge wie der CAT in Wien). Für 80% der Reisenden ist jedoch der Gepäcktransport ein wesentlicher Grund, nicht die Bahn zu wählen. Nicht vorhandene Serviceleistungen rund um den Gepäcktransport führen dazu, dass ein Großteil der betroffenen Fluggäste mit dem Auto zum Flughafen fährt oder Zubringerflüge bevorzugt.

Für zwei Drittel der Passagiere hätte jedoch die Möglichkeit, Gepäck unmittelbar im Zubringerzug abgeben zu können, einen entsprechenden Einfluss auf das Modal-Split-Verhalten und wäre ein wesentlicher Anreiz, die Bahn als Hub-Zubringer zu akzeptieren. Ziel des Forschungsprojektes TerminalAufSchiene, gefördert durch das jetzige bmk in der Förderschiene TakeOff, war es, die Möglichkeiten für ein Flughafenzubringersystem auf der Bahn unter besonderer Berücksichtigung aller technisch-logistischen Herausforderungen hinsichtlich der möglichen Gepäckabgabe im Zug und an der Schnittstelle zum Flughafen zu untersuchen.

Im Projekt wurden alle gegebenen Randbedingungen der Systeme "Luftfahrt" und "Eisenbahn" sowie mittels Befragungen vertieft die Anforderungen aus der Sicht potentieller NutzerInnen an ein entsprechendes System definiert und darauf aufbauend unter Nutzung bestehender fachlicher Exzellenzen im Konsortium ein entsprechendes Gesamtsystem für Hub-Zubringer konzipiert und evaluiert. Mehrwert von TerminalAufSchiene ist ein attraktives Hub-Zubringersystem unter Nutzung eines dichten, bereits vorhandenen Bahnnetzes. Das wesentliche Attraktivitätsmerkmal ist der Zeitvorteil, welcher darin besteht, dass Flugpassagiere den zeitsensitiven Prozess der Gepäckabgabe bereits während der Anreise erledigen können. Der Vorteil der Gepäckabgabe im Zug gegenüber einer Abgabe am Bahnhof oder am Flughafen besteht darin, dass keine unbekannten Wartezeiten für die Gepäckabgabe entstehen, die ein frühzeitiges Anreisen zum Bahnhof oder zum Flughafen erforderlich machen. Passagiere können theoretisch unmittelbar vor Abfahrt des Zuges zum Bahnhof kommen und in den Zug einsteigen und werden danach vom Gepäck "befreit". Der Zeitvorteil liegt dabei in der Überlagerung der ohnehin erforderlichen Zeit für die Ortsveränderung vom Ausgangsort zum Flughafen mit der erforderlichen Zeit für das Abwarten und die Abgabe des Gepäcks. Durch eine Anbindung des Ankunftsbahnsteiges an die Gepäcksortieranlage ist eine rasche Beförderung des Gepäcks vom Zug zum Flugzeug möglich. Es hat sich gezeigt, dass am Flughafen Wien die Minimum Connecting Time zwischen Zug und Flug auf dieselben 30min wie zwischen zwei Flugzeugen aus dem Blickwinkel der Gepäckbeförderung reduziert werden kann. Der limitierende Faktor hinsichtlich der Minimum Connecting Time ist somit nicht der Gepäcktransport sondern die Weglänge für die Passagiere, die am Weg zum Flugzeug auch noch die Sicherheitskontrolle passieren müssen.

Neben dem Vorteil, dass Passagiere weder frühzeitig am Ausgangsbahnhof sein müssen noch einen größeren Puffer für die Gepäckabgabe am Flughafen benötigen, ist auch die flächige Erschließung mit der Bahn ein entsprechender Vorteil gegenüber Zubringerflügen. Während bei Zubringerflügen erst die teilweise längere Anfahrt zum Regionalflughafen erforderlich ist, kann die Bahn auch kleinere Städte bedienen und ermöglicht wesentlich kürzere Anfahrtswege. Gleichzeitig findet der Bahn-Zubringerverkehr in deutlich dichteren Intervallen statt als die Zubringerflüge, bei denen ggf. längere Anschlusszeiten in Kauf genommen werden müssen.

Im Projekt TerminalAufSchiene wurden unterschiedliche Konzepte zur Gepäckabgabe im Zug entworfen. Zwei Lösungen erwiesen sich dabei als besonders verfolgenswert. Ein Ansatz verfolgt die automatisierte Abgabe des Gepäcks in einem Schließfächern ähnlichen System, welches ohne Personaleinsatz auskommt, dafür durch die Passagiere selbst bedient werden muss und aufgrund der umfangreicheren technischen Komponenten potentielle störungsanfälliger ist. Beim zweiten System steht eine manuelle Gepäckabgabe bei einem Servicepersonal im Mittelpunkt. Dem hohen Servicegrad, der größeren Flexibilität und dem geringeren Wartungsaufwand stehen dabei entsprechend hohe Personalkosten gegenüber.

Unabhängig von der Art der Gepäckabgabe gibt es zusätzlich zahlreiche Herausforderungen für einen effizienten Betrieb des Services. Diese bestehen darin, dass die Gepäckabgabe im Zug und die Gepäckentladung am Flughafenbahnhof so erfolgen müssen, dass es zu keiner Beeinträchtigung des Bahnbetriebsablaufes kommt. Insbesondere die gleichzeitige Entladung einer größeren Anzahl von Gepäckstücken am Flughafenbahnhof mit eventuell sehr kurzen Haltezeiten und überlagert mit dem Fahrgastwechsel ist herausfordernd. Diesbezüglich wurde die Möglichkeit einer Fensterentladung geprüft und für sinnvoll befunden, die jedoch die Neukonstruktion eines öffenbaren druckdichten Fensters bedingt. Ebenso sind alle Anforderungen der Luftfahrt einzuhalten, vom erforderlichen Wiegen des Gepäcks bin hin zur sichern Verwahrung in einer Weise, dass unbefugte Personen keinen Zugriff auf fremde Gepäckstücke haben.

Das Forschungsprojekt konnte jedoch trotz aller noch zu lösenden Herausforderungen aufzeigen, dass ein Gepäckabgabesystem - als Nachrüstsysteme für Railjet-Züge der ÖBB und auch andere Züge - jedenfalls realisierbar und dass ein klarer Vorteil für Passagiere gegeben ist. Ebenso haben die Airlines einen Vorteil, durch das Angebot eines höchst attraktiven Systems und der Erreichung kurzer Tür-zu-Tür-Reisezeiten bei gleichzeitiger Einstellung ineffizienter Kurzstreckenzubringerflüge, einen attraktiven Service zu bieten, der eine große Anzahl an Passagieren im eigenen System behält.

Schlagworte:
Fluggepäck, Gepäckabgabe im Zug, AIRail


Elektronische Version der Publikation:
https://publik.tuwien.ac.at/files/publik_302386.pdf


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.